Kranwochenende…

Diesem Thema war mein Blog schon oft gewidmet, sodass es eigentlich gar nicht mehr viel zu diesem  hinzuzufügen  gibt…!

Aber manchmal kommt es besonders gut und darum mag ich es einmal mehr aufschreiben…

Zum Ende der Saison 2018 ist das „Kranwochenende“ um den 13. Oktober herum gekrönt von Kaiserwetter, der ohnehin schon kompromisslose Sommer gibt noch einmal alles!

In Vorbereitung des Einwinterns der Else bin ich bereits am Donnerstagabend elektrisch mit dem ZOE angereist, um neben der mitgebrachten Büroarbeit auch ein bisschen das avisierte schöne Wetter ein letztes Mal in diesem Jahr genießen zu können.

Die nächtlich Ankunft auf Else begann damit, dass das Bediendisplay im Salon in Folge der Kochsalzattacke wieder „zickte“ und neben hektisch blinkenden LEDs funktionslos war.

Diesmal ließ es sich auch nicht wieder beleben, zusätzlich hatte sich die auch von diesem Panel zu bedienende Heizung der Zickerei angeschlossen, obwohl der Einbauplatz des Heizungsschalters auf diesem Panel eher physischer als elektrischer Art ist, mit der Panelelektronik hat der Schalter gar nichts zu tun… Duplizität der Ereignisse, die einem nach einem langen Ingenieurleben nicht mehr wirklich stauen lässt!

Da sich alles Wesentliche mit Ausnahme der Heizung auch am Panel im Cockpit bedienen lässt, habe ich den Vorfall unter dem Motto „Irgendetwas ist immer!“ zunächst bis zu Saisonbeginn 2019 ad acta gelegt und mich dem letzten erwarteten Sonnenwochenende auf der Else zugewandt.

Im weiteren Verlauf kam es wie es kommen sollte: Sonnig, warm, schwachwindig oder windstill und sternenklare Nächte!

Nach der Anreise von Uli am Freitag nach der Arbeit haderten wir am Samstag auf allerhöchstem Niveau, ob wir einfach nur absichtslos auf dem Boot chillen oder noch einmal losfahren. Uli war eher für chillen und in Kappeln rumlaufen; da ich oft in Kappeln rumlaufe, war das nicht so mein Favorit und als Königsweg sind wir nach Ulis „Rumlaufen“ in Kappeln und Einkaufen am Samstagnachmittag schleiaufwärts gefahren, um gleich hinter Arnis einen schönen Ankerplatz in Ufernähe aufzusuchen.

Beim Herantasten an das Ufer fehlte mir doch etwas der zwischenzeitlich wieder defekt gewordene Tiefenmesser, so musste von Zeit zu Zeit der Enterhaken zur Überprüfung der Wassertiefe dienen. Da das Seegras bis fast unter die Wasseroberfläche reichte, hätte hier auch der funktionierende Tiefenmesser vermutlich keine brauchbare Anzeige geliefert, der Bootshaken hingegen zeigte vielmehr zuverlässig an, dass wir bereits nur noch einen Meter Wassertiefe hatten und Else mit den Propellern nicht nur im Gras, sondern auch im Sand wühlte…!

Ein bisschen mehr Sicherheitsabstand vom Ufer, Anker mit maximaler Kettenlänge fallen lassen in Erwartung, dass der Anker im Seegang ohnehin wieder nicht wirklich hält und ein bezaubernder Abend auf der Else konnte beginnen!

Langsam senkt sich die Dämmerung über die Schlei und die untergehende Sonne produziert eine „blaue Stunde“ wie aus dem Bilderbuch :

Seevögel aller Größe und Gattungen, allen voran Gänse, stimmen ein zeitweilig ohrenbetäubendes Schnatterkonzert an und fliegen offensichtlich ziel- und wahllos alleine oder im Schwarm absichtslos hin und her!

Ich möchte ein bisschen mithalten und beantworte das Geschnattere mit dem Nebelhorn der “Planschkuh” aus den 70er Jahren, dass mir Anke vor ein paar Jahren “zu treuen Händen” geschenkt hat :

 

Eine schmale Mondsichel gewinnt Oberhand über den Nachthimmel, gefolgt von dem in diesem Jahr aufgrund seiner Nähe zur Erde in Farbe und Helligkeit dominierenden Mars.

Im Westen ist der Sonnenuntergang fast vollbracht :

 

Am Osthimmel zeugen die aufgehenden Plejaden vom Ende des Sommers. Zwischenzeitlich ist der schwarze Nachthimmel übersäht von gefühlt Myriaden von Sternen und der Milchstraße.

Kein Fremdlicht stört den Anblick, das Ankerlicht mache ich, da hier eh keiner mehr fährt, vorrübergehend aus.

Das Wasser ist völlig glatt geworden, kein Lüftchen regt sich mehr, das Glucksen des Wasser am Rumpf ist verstummt…

Nur langsam können wir uns von der eindrücklichen Stimmung lösen, der Hunger schiebt sich in den Vordergrund…

Es gibt Rindfleisch aus Dosen, das früher aus der „Bundesreserve“ war mit Nudeln und natürlich bemühen wir uns eifrig, die noch an Bord befindlichen Getränke vor Ende der Bootssaison zu verbrauchen…

Nach dem Essen starren wir wieder auf den Nachthimmel und erspähen die eine oder andere Sternschnuppe, das insgeheim erhoffte Nordlicht zeigt sich nicht, obwohl dieser Tage in Norddeutschland einige Sichtungen möglich waren und eine erhöhte Nordlichtaktivität vorhergesagt war.

Man kann nicht alles haben…!

Erst gegen Mitternacht machen wir uns bettfertig und ich aktiviere am Plotter den Ankeralarm mit einem Radius von 60 ft und schon kurze Zeit später beginnt nach dem Zubettgehen das Konzert von Seekühen und Seebären…!

Die Nacht ist bereits gegen 3:30 Uhr überraschend zu Ende: Ein schrilles hektisches Piepen reißt mich aus den Träumen und der Ankeralarm auf dem Plotter verkündet eine “Abtrift größer 60 ft” !

Was war passiert :

Zwischenzeitlich ist es wieder etwas windiger geworden und Else hat sich am Anker gedreht und damit aus dem „Alarmradius“ entfernt. Diesen habe ich dummerweise auch zu gering gesetzt: Bei einer Kettenlänge von 30 Meter (etwa 90 ft) kann man nicht erwarten, dass der Alarm bei Windrichtungswechsel nicht ausgelöst wird…

Leider kommt mir diese Idee erst beim dritten Ankeralarm um kurz nach sieben, zwischenzeitlich gab es noch um kurz nach fünf einen Alarm, danach ist Ruhe, zum einen weil ich nun meinen Fehler begriffen habe und zum anderen weil die aufgehende Sonne über der zwischenzeitlich wieder völlig windstillen Schlei eine Morgenstimmung produziert, der man sich trotz der Müdigkeit nicht entziehen mag.

Die ganze lärmende Vogelschar vom Vorabend ist bereits auch wieder aktiv und begrüßt die aufgehende Sonne.

Kurze Zeit später pfeift der Wasserkessel auf dem Spirituskocher und bald darauf belebt heißer Kaffee meinen schwächelnden Körper. Das Geräusch der Seekühe ist verstummt, zur Zeit sieht man sie auch nicht, aber wenn sie still sind, kommen sie bald wieder hervor…!

Ein paar Stunden bleiben wir noch vor Anker und schauen dem Tag beim Großwerden zu. Auch heute ist und wird das Wetter kompromisslos schön !

Gegen Mittag lichten wir den Anker, mit ihm ca. 10 kg Schlick und Seegras und treten in langsamer Fahrt die kurze Rückreise zum Liegeplatz nach Kappeln an, nicht ohne den Weg durch eine große Runde schleiaufwärts noch ein bisschen zu verlängern.

Beim Anlegen in Kappeln gibt es noch eine kurze Schrecksekunde. Das, was wir seit je her befürchten, tritt ein: Die backbordseitige Achterleine rutscht von der Badeplattform ins Wasser und wird sofort vom Propeller des Steuerbordmotors erfasst und straff gezogen. Der Motor wird abgewürgt, einhergehend mit schrillem Alarmpiepen des Plotters und des EVC, der Plotter quittiert zudem seinen Dienst, der Bildschirm wird schwarz, um gleich wieder anzugehen, das Ganze zweimal ?!

Dümmlich schräg hängen wir zwischen den Dalben, den Bug an den Fender des Nachbarbootes gedrückt…

Erfreulicherweise löst sich die Leine unbeschädigt nach nur wenigen Versuchen von Bord aus wieder aus dem Propeller, Uli muss nicht mit Messer ins Wasser… 🙂

Warum die Leine den Motor zum Abwürgen bringen kann, dann aber trotzdem so leicht wieder zu lösen ist, erschließt sich mir ebenso wie das Ausfallen des Plotters nicht; vermutlich lässt sich durch das Herausnehmen des Ganges und dem dann freigängigen Propeller die Leine abwickeln, wie von einer Schnurrolle?!

Kurze Zeit später sind wir dann „planmäßig“ in unserer Box und freuen uns, dass das Erlebnis folgenlos geblieben ist.

Uli tritt gegen Nachmittag die Rückreise mit dem ZOE an, auch sie schafft die Rückreise ohne Nachladen mit einer „stattlichen Restreichweite“ von 120 km.

Anlässlich einer „Zigarettenpause“ war jedoch das zu beobachten, was immer mehr „Standard“ wird : die Ladesäulen auf dem Parkplatz Holmoor West an der A7 war durch ein quer vor allen Ladestationen stehendes Auto zugeparkt und in der Folge unbenutzbar !

Das kann man leider immer mehr beobachten und nach unserer Wahrnehmung gibt es neben reiner Schusseligkeit auch den Frust über die „Sonderparkplätze“ für Elektrofahrzeuge, „die da auch noch umsonst tanken dürfen…“, letzteres ist ja leider aber verständlicherweise die Ausnahme geworden…

Ich mache mich bis in die tiefe Nacht wieder an die Büroarbeit auf der Else, parallel mache ich ein bisschen „klar Schiff“ und eine größere Liste von Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten für die kommende Saison.

Die Liste ist diesmal relativ lang, irgendwas ist halt immer und zwischenzeitlich habe ich begriffen, dass ein Boot, gleich welchen Alters, eine „Dauerbaustelle“ ist und das Salz des Meerwassers nichts anderes im Schilde führt, als ein Schiff zu vernichten.

Unterstützt wird es darin tatkräftig von Möwen, die es in diesem Jahr geschafft haben, unser Boot so zuzuscheißen, dass das schöne neue Verdeck im Wortsinne beschissen aussieht.

 

Abhilfe schaffen soll die windbetriebene “Mövenklatsche”, danach hat das Problem tatsächlich nachgelassen, mutmaßlich weil sich die Möven über das Teil totgelacht haben… 😉

Der Montag präsentiert sich schon fast routinemäßig wieder in voller Schönheit und Windstille.

Arbeit und winterfestes Herrichten der Else wechseln sind ab und um 14:00 Uhr fahre ich Else aus der Box zum Kran, an dem sie nur eine Viertelstunde später bereits ihrem Element enthoben wird.

 

Ein paar wehmütige Blicke, dann die übliche Verabschiedung vom „Kranpersonal“: „Schöne Weihnachten und guten Rutsch!“  🙂

Nach der Saison ist vor der Saison!

Mit Ideen, Gedanken und Träumen verlasse ich Kappeln in diesem Jahr zum letzten Mal.