Eigentlich war Uli`s Plan, mit Beginn des Urlaubs endlich mal Strümpfe für sich selbst und nicht nur für andere zu stricken, auch wenn ihr das sehr viel Spaß macht; Das ist gründlich schiefgegangen : am ersten Tag des Urlaubs ist sie, im vornehmen Sprachgebrauch ausgedrückt, von “Motezumas Rache” heimgesucht worden, mutmaßlich ausgelöst durch ihre berufsbedingt notwendige Hepathitisimpfung. Dafür spricht, das der “Spuk” schon einen Tag später vorbei war…!
So hieß es einen Tag in der Koje bleiben, während der Skipper auch nicht unfroh war, den unfreiwilligen Hafentag nach unserem eher anstrengenden Aufbruch zum “Stauen und Prüfen” und zur navigatorischen Vorbereitung möglicher Routen zu nutzen.
Für den zweiten Tag war ein Wetterfenster vorhergesagt, welches mir groß genug erschien, möglicherweise in einem “Rutsch” gleich von Kappeln nach Greifswald, Felix` derzeitigem beruflichen Liegeplatz zu fahren; Ein etwas fragwürdiges Vorhaben, über 130 Seemeilen geht wirklich gut nur mit teilweiser Gleitfahrt oder dauert bis in die Nachtstunden, die wir wegen unserer Erfahrungen mit Fischernetzen eher meiden, obwohl Mittsommer und helle Nächte schon reizen…!
Helle Nächte und fragwürdige Pläne reizen auch andere : das aktuell in der Durchführung befindliche Vorhaben meines Freundes “Keris”, in nur wenig mehr als in einer Woche mit dem Tesla nach Lappland und zurück zu fahren kann man hier verfolgen…!
Wie dem auch sei : dieser Idee hat nicht Montezuma, sondern Neptun einen Strich durch die Rechnung gemacht : Noch vor Sonnenaufgang ging die Fahrt in Kappeln los, bis etwa drei Stunden Neptun anfing, sein Süppchen zu kochen : Die vorhergesagte Wellenhöhe simmte zwar, weniger die Richtung, die gefühlt permanent wechselte und Else wie einen Joghurtbecher stampfen und rollen und Fahrstuhl fahren ließ…!
Stricken war wieder nicht möglich !
Teilweise kam der Wunsch nach Sicherheitsgurten auf, da Festhalten und Festklemmen in den Sitzen auf Dauer etwas anstrengend wurde. Bosmann, der Autopilot, vor der Abreise noch mit dem reparierten Antrieb versehen, behielt unbeeindruckt die Richtung zum jeweils nächsten Wegpunkt, während wir uns ganz dem Festhalten und unserer Befindlichkeit widmen konnten.
Alles was bis dato nicht fest verstaut war, fand mit Neptuns Hilfe spätestens jetzt auf dem Kajütenboden sein vorläufige Ruheposition. Gischtwolke um Gischtwolke nebelte Else ein, die eine oder andere vorlaute Welle fand wieder mal ihren Weg über das Vorschiff und die Gangborde, die in der Folge wieder richtig sauber sind ! Da das ganze bei richtig schönem warmen Sonnenwetter statt fand, war alles weniger bedrohlich, nur anstrengend, Wassersport eben… Für die Segler unter den Lesern : die wenigen die wir gesehen haben, ging es bei dieser Art von Welle augenscheinlich nicht viel besser.
Im Fehmarnbelt war es unter “Landschutz” kurzfristig besser, kaum war Fehmarn passiert, ging die Achterbahn wieder und mit noch größerer Vehemenz erneut los : Anlass für uns, den Plan B zu aktivieren, nämlich den Weg deutlich abzukürzen und nach Rostock zu fahren. Die Schaukelei wurde zwischenzeitlich doch ein bisschen anstrengend und die wechselnden Wellenrichtungen hatten sich zwischenzeitlich auf aus Richtung Rostock kommend geeinigt, was weniger Rollen, aber mehr (erträgliches) Stampfen versprach… Dem wurde auch so und die restlichen 35 SM nach Rostock wurden, bis auf einen kleinen plötzlichen Hexenkessel vor der “Safewater”-Tonne Rostock vergleichsweise erträglich, wenngleich immer noch ohne Stricken…
Der Hexenkessel : ohne Vorwarnung Kreuz- und Querwellen von beachtlicher Höhe und Boshaftigkeit, Bosman kurbelt am Lenkrad wie verrückt, wird dabei selbst verrückt und ich erlöse ihn und lindere den Tanz mit etwas mehr Gas, welches uns brachial durch die Wellen schiebt und steuere auf wechselnden Kurse mehr in die Wellen hinein als das ich sie machen lasse…
Déjà-vu : vor 2009 waren wir mal mit der “Hydra” in Rostock und hatten ein ähnliches Erlebnis in Erinnerung !
Ganz schnell ist das Spektakel vorüber und die “Safewater”-Tonne Rostock erreicht. Immer noch funkgeil, nehme ich mit Warnemünde Traffic Kontakt auf und melde mich angeberisch professionell an : “Warnemünde Traffic für Sportboot Else, einlaufend Seekanal an der grünen (Tonne) 15 bittet um aktuelle Befahrenshinweise ” Warnemünde Traffic erkundet sich nach Länge und Tiefgang, klärt mich auf, das Else prinzipiell nicht meldepflichtig sei, klärt mich aber gerne über die Verkehrssituation auf, da ja, “O-Ton” die Gefahren der Seefahrt immer und überall lauern und mehr Informationen besser als weniger seien, ohrenscheinlich auch nicht ironisch gemeint.
So erfahren wir dann wer ein- und auslauffertig ist und das Drehen der Peter Pan auf der “Wendplatte” aufmerksam beachten sollen usw.
Im engen Verband mit den Hansekoggen “Lisa von Lübeck” und “Wissemara” laufen wir in die Warnow ein und fahren unter Kanonenschüssen der Wissemara weiter die Warnow hinhauf in Richtung Rostock. Die Koggen wollen offensichtlich den “Internationalen Hansetag” in Rostock mit ihrer Präsenz bereichern und diesem Vorhaben werden wir uns zumindest stundenweise anschließen !
Unser AIS wie auch Funk hat mir die Schaukelei kurzweilig gestaltet, es ist schon interessant wer von wo nach wo mit was unterwegs ist…
Nebeneffekt des AIS : bei dem Wetter sind keine anderen Sportboote außer ein paar Seglern unterwegs und alle die fahren, Groß- wie Kleinschifffahrt, haben offensichtlich AIS und so kann man bequem dem aktvierten “Kollisionsalarm” des AIS vertrauen, der einen genau fünf Minuten vor der errechneten Kollision aus den Träumen reißt. Eine Weckwiederholung gibt es allerdings nicht…
Auffällig im Funk die vielen “US Warships” – so melden sie sich im Funk- , während ihre Daten im AIS nicht sichtbar sind…. Irgendwie schienen sie ständig über ihren nächsten Schritt zu informieren und nach dem Weg zu fragen und sind somit voll auf Augenhöhe mit ihrem Oberbefehlshaber…
Am Horizont wirken sie grau und bedrohlich und entsprechen auch hier ihrem “Vormann”…
In der Warnow ist alles ruhig, ohne Wellen erreichen wir den Stadthafen unweit des Zentrums. Nach mehrmaligem Anlegen finden wir einen Liegeplatz; immer erst nach dem Festmachen erkennbar weisen postkartengroße Hinweise darauf hin, das man genau da nicht festmachen soll, weil bald einer kommt oder der Steg gesperrt ist. Der vollautomatisierte “chip- und code”- dominierte Hafenbetrieb der Vergangenheit ist einem netten Hafemmeister gewichen und vergleichsweise sehr günstigen Liegegebühren von nur zwölf Euro pro Tag “all inclusive” außer Duschen, das kostet ein Euro pro vier Minuten…
Aus vorgenannten Gründen liegen wir an der Außenseite des das Hafenbecken angrenzenden Steges direkt an das Fahrwasser der Warnow angrenzend, eigentlich schön ruhig und mit Warnow- und Rostockblick nach vorne und nach hinten; derzeit beuteln aber heftige Sturmböen an der Else und zerren und rucken brachial an ihren Klampen, verbunden mit teils sintflutartigen Niederschlägen. Da es für morgen noch heftiger kommen soll, werden wir uns morgen in das Innere des Hafens verlegen.
Ab kommenden Montag ist dauerhaft schönes ruhiges Motorbootwetter angesagt und dann geht es weiter nach Greifswald, in den Peenestrom, das Achterwasser und in das Stettiner Haff !
Warten wir`s ab ….!