Man grüßt sich wieder…

Der Wind heult bedrohlich in den Wanten der Segelschiffe. Einem außer Kontrolle geratenen Glockenspiel gleich schlagen Seile an die Masten der Segelschiffe.

Die aufgepeitschten Windwellen der Schlei hämmern auf den Bug der Else. Mit lautem Knarzen rucken die Tampen periodisch hart ein und zerren an den Klampen.

Schnellziehende Wolken wetteifern um den schönsten Grauton.

Im Inneren der Else ist es mollig warm und gemütlich, der Kontrast zwischen dem tosenden Äußeren und dem warmen Inneren ist wohlgefühlig.

Ich kann mich nicht recht entscheiden, ob ich mich meinen vielfältigen Gedanken zum Bootssaisonende nachhängen oder der mitgebrachten vielen Arbeit widmen soll.

Am Montagmorgen werden Elses Motoren noch im Wasser gewartet, gegen Mittag geht es dann an den Kran und ans Land. Wie schon viele Male zuvor war es das dann wieder mal für dieses Jahr…

Dieses Mal werde ich die kleine geschlossene Welt der Else besonders vermissen, die Welt außerhalb der Else lässt derzeit kaum mehr Spielraum für „Slowdown“…!

Auch die Welt unweit der Else ist recht kontrastreich:

Kappeln im Sommer macht nicht wirklich Spaß:

Touristische Menschenmassen verhindern normale Fortbewegungsabläufe, genervte Mütter mit gefühlten Heerscharen von Kleinkindern und gelangweilten pupertierenden Halbwüchsigen, dazugehörige, etliche Meter vorangehende nicht minder genervte Ehemänner oder sonstige Partner trauern augenscheinlich „kinderlosen“ Zeiten nach oder zumindest ungestörter Arbeit…

Rentner, gerne in Kleingruppen, der weibliche Teil nicht selten aufgetakelt wie eine Brigantine, versperren Sicht und Weg und lassen an Dingen teilhaben, an denen man gar nicht teilhaben möchte…

Die mehr oder weniger possierlichen Läden der zurückgebliebenen Kleinstadt mit dem 70er Jahre Charme sind aufgrund der Menschenmassen nicht mehr begehbar…

Mit Herbstbeginn, nur wenige Wochen nach der „Hochzeit“ des touristischen Treibens ist alles anders:

Kappeln ist leergefegt !

Kurz vor Ladenschluss gleichen die Straßenzüge einer Filmkulisse, die darauf wartet, dass die Statisten auf Anweisung schnell ihrem Platz einnehmen.

Die hektische, eher wortlose und manchmal abweisende Betriebsamkeit des Sommers ist dem alle Ruhe der Welt vermittelnden „Moin“ gewichen, die unnachahmliche Grußformel, die in Norddeutschland zu jeder Tages- und Nachtzeit Anwendung finden darf.

Man grüßt sich wieder !

Etwas längeres Verweilen und Gesichtsmimik mit Gesprächsbereitschaft führt fast zwangsläufig zum „Plausch“… Wer das nicht mag, muss weggucken!

Tut aber kaum jemand..!

Ein Stück weit bin  ich über die Jahre „Kappeler“ geworden und nicht nur die Else wird mir im nächsten halben Jahr fehlen, sondern auch Kappeln mit seinem „Wolkenkuckucksheim“-Flair außerhalb der Saison…!