…geschrieben schon am 7. September 2014, ein Jahr nach “Baltic Dream” und vervollständigt nach der “Passage” von Vejrø im Juli 2016…
und auch bald “bebildert”…
In Kopf und Herz nach wie vor aktuell ..!
Nahezu genau ein Jahr zurück liegt unser Aufenthalt auf der Insel Vejrø im Smålandsfarvandet, am „Eingang“ zum Langelandsbelt.
Es war der letzte Hafen der “Baltic Dream Tour” und nach der Abreise und Ankunft im Heimathafen habe ich keine Muße mehr gehabt, das eindrückliche Erlebnis “Vejrø” “angemessen” aufzuschreiben.
Zwölf Monate später bin ich zwar nicht auf Vejrø, aber ein nahezu vergleichbares Herbstwetter und ein “florales” Erlebnis lässt mich an Vejrø zurückdenken und meine Eindrücke von damals aufschreiben.
Vejrø ist eine 1,565 km² große Insel, die irgendein reicher Mensch zu einem offensichtlich seinen Vorstellungen entsprechenden Ökoparadies geformt hat, ohne ihr den Charme der Naturbelassenheit zu nehmen: Beim Einlaufen fällt zunächst ein Schild an der Hafeneinfahrt auf, das auf die höchsten Liegeplatzgebühren unserer gesamten Reise hinweist…
Dementsprechend ist der Hafen beim Einlaufen um die Mittagszeit wie leer gefegt und wir machen längsseits komfortabel an einem betonierten Mittelsteg fest.
Außer uns sind nur zwei andere Boote zu sehen, allerdings keine dazugehörige Besatzung.
Ein Hafenmeisterbüro gibt es nicht, es wird auf die Anmeldung an der Rezeption des nahe gelegenen “Haupthauses” verwiesen.
Beim Gang dorthin fällt ein Sanitärgebäude auf, dessen Ausstattung dem eines Hotel Hilton nicht nachsteht, Technik und Ausstattung nur vom Feinsten.
Im Haupthaus, dessen Sinn sich auch im weiteren Verlauf nicht so ganz erschließt, melde ich uns bei einer freundlichen Dänin an.
Während sie die “Formalitäten” erledigt, versuche ich die Funktion des Gebäudes zu ergründen: Irgendwas zwischen Hotel und Veranstaltungszentrum, allerdings mehr oder weniger menschenleer…
Um es vorweg zu nehmen: So ganz hat sich das mir im folgenden geschilderte “Treiben” auf der Insel nicht erschlossen, irgendwie wird ökologischer Landbau und Viehzucht betrieben, Gästehäuser – allerdings augenscheinlich leerstehend – weisen auf Besuchsmöglichkeiten hin, ebenso wie die Homepage der Insel, die irgendwie ein Rückschluss auf eine hochwertige “Seminar- und intellektuelle Rückzugskultur” hinweist.
Es scheint eine lange zurückliegende „Ursprungsbesiedelung“ gegeben zu haben : Es gibt einen verwilderten kleinen Friedhof mit verwitterten Kreuzen.
Das alles ist mir so gesehen auch ziemlich egal, was einen erwartet, ist ein “liebliches Eiland” mit Feld, Wald, Wiesen und Strand, Hasen, Rehe auf “Freigang”, auf Weiden eingezäunt glänzende und kräftige Kühe, Bullen auf der einen Seite, in einem großen “Kral” auf der anderen Seite sich offensichtlich sehr wohlfühlende suhlende oder schlafende Schweine.
Mit dem Fahrrad mache ich eine “Inselrundfahrt”, Uli ist leider – siehe auch Blogeintrag vom vergangenen Jahr – kränklich und hütet die Koje.
Trotz der „Kleinheit“ der Insel empfinde ich die Landschaft als vielfältig, Wiese, Felder, Küste und Wälder wechseln sich ab.
Auf meinem Weg zu westlichen Spitze der Insel scheuche ich ungewollt Rebhühner und Fasanen auf, ständig stehen mir veritable Hasen im Weg und ähnlich wie auf der Insel Ruhnu in der Rigaer Bucht gibt es außer dem Geräusch von sich bewegenden Ästen, Wind und Welle, keinerlei Zivilisationsgeräusch zu hören.
Irgendwie dauerhaft bewohnt scheint die Insel nicht, an der südlichen Seite gibt es Wohnhäuser, in denen offensichtlich “die Insel bewirtschaftende” Mitarbeiter des “Mäzen” wohnen und den beschriebenen Ackerbau und Viehzucht in Gang halten.
Unweit dieser Häuser gibt es beeindruckende Gewächshäuser – die Dame an der Rezeption hatte mich schon darauf hingewiesen und unbedingt eine Besichtigung empfohlen -: Zum Einen fällt auf, dass die Gewächshäuser nicht als reiner Zweckbau errichtet worden sind, sondern dass eher mehr als weniger gelungen ist der Versuch der Umsetzung eines mediterranen Flairs: Neben einer filigranen harmonischen Dachgestaltung im viktorianischen Stil umgibt ein Teil der Gewächshäuser eine mediterran anmutende Mauer und dem sich auf diese Weise ergebenden Garten wachsen unter anderem jede Menge Artischocken!
Die Artischocken stehen in voller Blüte, teilweise sind die Blüten abgeerntet.
Hier ist dann auch die Idee zu meinem „floralem Versuch“ geboren: Zwischenzeitlich wachsen hier in Wendisch Evern auch Artischocken, die allerdings noch keine Blüten tragen, das sollen sie gemäß der Anleitung auf den Samen wohl auch frühestens im zweiten Jahr ihres Daseins machen. Hierzu mehr unter www.else@home.de, weiter zu Verjø: In den Gewächshäusern wachsen Tomaten, Paprika, Peperoni und Gurken, ein Teil des Gewächshauses ist “just for fun” da, mit einem kleinen Teich, verschiedenen Zierpflanzen und einem Sitzbereich.
Man darf hier gucken, anfassen und genießen und ist dabei ganz alleine…! Relativ atemlos – nicht wegen Konditionsmangel – sondern wegen des komplexen Gesamteindruckes komme ich nach ein paar Stunden wieder auf der Else an und lasse das Erlebte wirken und sacken.
Die nachfolgenden Bilder werden dem, der sowas mag, meine Empfindungen nahe bringen…!
Das Wetter ist zwischenzeitlich völlig windstill und ein knallblauer klarer Spätsommerhimmel spannt sich über Vejrø.
Gegen Nachmittag füllt sich der Hafen langsam mit Segelschiffen, darunter zwei “überbesetzte” Charterboote mit krakeelenden Kerlen, von denen einer besser als der andere weiß, wie man das Schiff bedient und anlegt.
Trotz des windstillen Wetters kracht das Charterschiff vehement gegen den Steg, was die coole Mannschaft zumindest etwas auf den Boden der Tatsache zurückholt.
Unüberhörbar wird Unmut über die “unverschämten Hafengebühren” verkündet.
Nach einiger Zeit kommen die letzten Schiffsbesatzungen nach einem kurzen Rundgang in den Hafen zurück und regen sich darüber auf, “dass ja hier gar nix los sei…!”
Gegen Abend ist der Hafen ca. zu einem Drittel gefüllt, die Gemüter haben sich mit Ausnahme der einen Charterbesatzung, die sich lautstark betrinkt, wieder beruhigt.
Am Ende des Hafenbeckens brennen etwa genauso viel Grillstellen wie es Schiffsbesatzungen im Hafen gibt, das heißt, mindestens eine weniger als Besatzungen, weil wir keine Lust dazu hatten…
Die Grillstellen sind “hafenseitig” vorbereitet, Grillkohle in Kisten und ein Holzschober stehen zur Befeuerung bereit, alles in dem “unverschämten Preis” inbegriffen…
Jede Grillstelle hat einen massiven Schwenkrost, warum dann nun zehn Besatzungen zehn Feuer anmachen müssen, erschließt sich uns nicht.
Segeln ist offensichtlich ein Individual- und kein Gemeinschaftserlebnis…!
Am nächsten Morgen – der sich ebenso bilderbuchartig präsentiert wie der Vortag – sind die meisten Schiffsbesatzungen bereits wieder aufgebrochen und der Hafen nahezu entvölkert.
Einmal mehr und hoffentlich zum letzten Mal in diesem Jahr darf man sich für Bootsfahrer “fremdschämen”: Beim ersten „Klogang“ fällt auf, dass von den ca. 30 bereit gestellten Grillkohlesäcken trotz des vehementen Befeuerns des Vorabends noch etwa die Hälfte da ist; als ich aber etwa gegen 11 Uhr zum Duschen in die komfortable Wellness-Sanitäreinrichtung gehe, ist mit dem letzten Bootsfahrer auch der letzte Grillkohlesack verschwunden, augenscheinlich nach dem Motto “wenn das hier schon so teuer ist, dann gehört mir auch die Kohle…!”. Traurig und unverschämt gleichermaßen!
Beim Herumschlendern fällt dann auf, dass ein Teil der Grillkohlesäcke dann komplett in die Feuerstellen geworfen worden ist, dann aber nach dem Motto “keine Lust mehr” mit Wasser abgelöscht worden ist. Der ordentlich aufgeschichtete Holzvorrat ist zusammengebrochen, weil irgendwelche Blödmannsgehilfen das Holz nicht von oben, sondern bequem in „Handhöhe“ aus der Mitte herausgezogen haben, um es ebenfalls auf’s Feuer zu schmeißen und dort später abzulöschen…! Irgendwie verdirbt mir das ein wenig die Stimmung, zumal der Umfang dieser Vorgehensweise nicht von einem einzelnen Idioten, sondern offensichtlich von der Mehrheit der “Gäste” dieses kleinen Paradieses betrieben worden ist…!
Wir bleiben noch einen Tag, Uli geht es zwischenzeitlich besser und am Abend kann sie zumindest einen Teil der Insel “miterleben”.
Mit einem Bilderbuch-Mondaufgang im Smålandsfarvandet senkt sich eine stille laue Spätsommernacht über Vejrø.
Am frühen Morgen kommt eine “Targa 42″in den Hafen, ein gleichermaßen robustes wie komfortables skandinavisches “Arbeitsboot”, die offensichtlich das “Zubringerboot” zur Insel ist.
Dem Equipment nach steigt eine Filmmannschaft aus, “der Rest” setzt sich zusammen aus esotherisch anmutenden Frauen, älteren Ehepaaren, die man eher in Tirol vermuten würde und weiteren Menschen zusammen, die offensichtlich die Insel erleben wollen.
Nachdem die Menschen in Richtung Haupthaus verschwunden sind, kommt ein Gabelstapler und entlädt Getränke und Lebensmittelpaletten.
Kurze Zeit später fährt ein “Manitou” vor und an seiner Staplergabel hängt kopfüber nach unten ein frisch geschlachtetes Rind der von mir gestern bewunderten Sorte.
Eine Blutspur markiert den Weg des Manitou zur Targa, dort plumpst das Ökorind auf die achterliche Ladefläche der Targa, um seiner “Verwurstung” entgegenzuschippern.
Irgendwie würde ich – alte Berufskrankheit – gerne wissen, ob das ganze wirtschaftlich betrieben wird oder von dem “Investor” gesponsert wird in der Hoffnung, dass da “mal richtig was bei rüber kommt…”!
Am Abend erhält das Eiland mutmaßlich von seinem Besitzer einen “luftigen” Kurzbesuch: Über den an der Südspitze gelegenen Flugplatz fliegt im Tiefflug ein zweimotoriges Geschäftsflugzeug, um dann eindrucksvoll hochzuziehen und die Insel mehrfach im Tiefflug zu umrunden, möglicherweise nach dem Motto “mein Haus, meine Yacht, meine Insel…!”.
Egal, wer da drin saß und egal wer diese Insel so geformt hat: Ich finde die Idee und das Ergebnis beeindruckend und nach meiner Einschätzung ist es allemal sinnvoller, sein Geld in so ein Projekt so versenken als sich damit sonst was zu vergolden…!
Am darauffolgenden Morgen verlassen wir gegen halb neun Verjø in östlicher Richtung, da laut Seekarte dieses Gebiet großflächig sehr flach und steinig ist und so ziehen wir den komfortableren Weg um die Insel herum in den Langelandsbelt vor.
Am nördlichen Horizont lugt schemenhaft die “Große Beltbrücke” hervor, nach ein paar Stunden haben wir die Südspitze von Langeland erreicht und nehmen Kurs auf Kappeln.
Ein Jahr später ist die eindrückliche Erinnerung an Verjø uneingeschränkt erhalten geblieben und wie eingangs beschrieben belebt das derzeitige Wetter und die mich hier in unserem Garten ansehenden Artischocken die Erinnerung neu und authentisch….
Ich bin mit Sicherheit nicht das letzte Mal auf Vejrø gewesen…!
Nachtrag 31.08.2016 :
Auf unserer Ostseereise 2016 haben wir Vejrø zeit- und wetterbedingt leider nur passiert, allerdings in “Wurfweite” und mit dem aufdringlichen Verlangen “dort will ich wieder hin”..!
Ein anderes Mal vielleicht….
Weitere Informationen über Vejrø gibt es hier und da…