Vejrø…!

…geschrieben schon am 7. September 2014, ein Jahr nach “Baltic Dream” und vervollständigt nach der “Passage” von Vejrø im Juli 2016…

und auch bald “bebildert”…

In Kopf und Herz nach wie vor aktuell ..!

Nahezu genau ein Jahr zurück liegt unser Aufenthalt auf der Insel Vejrø im Smålandsfarvandet, am „Eingang“ zum Langelandsbelt.

Es war der letzte Hafen der “Baltic Dream Tour” und nach der Abreise und Ankunft im Heimathafen habe ich keine Muße mehr gehabt, das eindrückliche Erlebnis “Vejrø” “angemessen” aufzuschreiben.

Zwölf Monate später bin ich zwar nicht auf Vejrø, aber ein nahezu vergleichbares Herbstwetter und ein “florales” Erlebnis lässt mich an Vejrø zurückdenken und meine Eindrücke von damals aufschreiben.

Vejrø ist eine  1,565 km² große Insel, die irgendein reicher Mensch zu einem offensichtlich seinen Vorstellungen entsprechenden Ökoparadies geformt hat, ohne ihr den Charme der Naturbelassenheit zu nehmen: Beim Einlaufen fällt zunächst ein Schild an der Hafeneinfahrt auf, das auf die höchsten Liegeplatzgebühren unserer gesamten Reise hinweist…

Dementsprechend ist der Hafen beim Einlaufen um die Mittagszeit wie leer gefegt und wir machen längsseits komfortabel an einem betonierten Mittelsteg fest.

Außer uns sind nur zwei andere Boote zu sehen, allerdings keine dazugehörige Besatzung.

Ein Hafenmeisterbüro gibt es nicht, es wird auf die Anmeldung an der Rezeption des nahe gelegenen “Haupthauses” verwiesen.

Beim Gang dorthin fällt ein Sanitärgebäude auf, dessen Ausstattung dem eines Hotel Hilton nicht nachsteht, Technik und Ausstattung nur vom Feinsten.

Im Haupthaus, dessen Sinn sich auch im weiteren Verlauf nicht so ganz erschließt, melde ich uns bei einer freundlichen Dänin an.

Während sie die “Formalitäten” erledigt, versuche ich die Funktion des Gebäudes zu ergründen: Irgendwas zwischen Hotel und Veranstaltungszentrum, allerdings mehr oder weniger menschenleer…

Um es vorweg zu nehmen: So ganz hat sich das mir im folgenden geschilderte “Treiben” auf der Insel nicht erschlossen, irgendwie wird ökologischer Landbau und Viehzucht betrieben, Gästehäuser – allerdings augenscheinlich leerstehend – weisen auf Besuchsmöglichkeiten hin, ebenso wie  die Homepage der Insel, die irgendwie ein Rückschluss auf eine hochwertige “Seminar- und intellektuelle Rückzugskultur” hinweist.

Es scheint eine lange zurückliegende „Ursprungsbesiedelung“ gegeben zu haben : Es gibt einen verwilderten kleinen Friedhof mit verwitterten Kreuzen.

Das alles ist mir so gesehen auch ziemlich egal, was einen erwartet, ist ein “liebliches Eiland” mit Feld, Wald, Wiesen und Strand, Hasen, Rehe auf “Freigang”, auf Weiden eingezäunt glänzende und kräftige Kühe, Bullen auf der einen Seite, in einem großen “Kral” auf der anderen Seite sich offensichtlich sehr wohlfühlende suhlende oder schlafende Schweine.

Mit dem Fahrrad mache ich eine “Inselrundfahrt”, Uli ist leider – siehe auch Blogeintrag vom vergangenen Jahr – kränklich und hütet die Koje.

Trotz der „Kleinheit“ der Insel empfinde ich die Landschaft als vielfältig, Wiese, Felder, Küste und Wälder wechseln sich ab.

Auf meinem Weg zu westlichen Spitze der Insel scheuche ich ungewollt Rebhühner und Fasanen auf, ständig stehen mir veritable Hasen im Weg und ähnlich wie auf der Insel Ruhnu in der Rigaer Bucht gibt es außer dem Geräusch von sich bewegenden Ästen, Wind und Welle, keinerlei Zivilisationsgeräusch zu hören.

Irgendwie dauerhaft bewohnt scheint die Insel nicht, an der südlichen Seite gibt es Wohnhäuser, in denen offensichtlich “die Insel bewirtschaftende” Mitarbeiter des “Mäzen” wohnen und den beschriebenen Ackerbau und Viehzucht in Gang halten.

Unweit dieser Häuser gibt es beeindruckende Gewächshäuser – die Dame an der Rezeption hatte mich schon darauf hingewiesen und unbedingt eine Besichtigung empfohlen -: Zum Einen fällt auf, dass die Gewächshäuser nicht als reiner Zweckbau errichtet worden sind, sondern dass eher mehr als weniger gelungen ist der Versuch der Umsetzung eines mediterranen Flairs: Neben einer filigranen harmonischen Dachgestaltung im viktorianischen Stil umgibt ein Teil der Gewächshäuser eine mediterran anmutende Mauer und dem sich auf diese Weise ergebenden Garten wachsen unter anderem jede Menge Artischocken!

Die Artischocken stehen in voller Blüte, teilweise sind die Blüten abgeerntet.

Hier ist dann auch die Idee zu meinem „floralem Versuch“ geboren: Zwischenzeitlich wachsen hier in Wendisch Evern auch Artischocken, die allerdings noch keine Blüten tragen, das sollen sie gemäß der Anleitung auf den Samen wohl auch frühestens im zweiten Jahr ihres Daseins machen. Hierzu mehr unter www.else@home.de, weiter zu Verjø: In den Gewächshäusern wachsen Tomaten, Paprika, Peperoni und Gurken, ein Teil des Gewächshauses ist “just for fun” da, mit einem kleinen Teich, verschiedenen Zierpflanzen und einem Sitzbereich.

Man darf hier gucken, anfassen und genießen und ist dabei ganz alleine…! Relativ atemlos – nicht wegen Konditionsmangel – sondern wegen des komplexen Gesamteindruckes komme ich nach ein paar Stunden wieder auf der Else an und lasse das Erlebte wirken und sacken.

Die nachfolgenden Bilder werden dem, der sowas mag, meine Empfindungen nahe bringen…!

Das Wetter ist zwischenzeitlich völlig windstill und ein knallblauer klarer Spätsommerhimmel spannt sich über Vejrø.

Gegen Nachmittag füllt sich der Hafen langsam mit Segelschiffen, darunter zwei “überbesetzte” Charterboote mit krakeelenden Kerlen, von denen einer besser als der andere weiß, wie man das Schiff bedient und anlegt.

Trotz des windstillen Wetters kracht das Charterschiff vehement gegen den Steg, was die coole Mannschaft zumindest etwas auf den Boden der Tatsache zurückholt.

Unüberhörbar wird Unmut über die “unverschämten Hafengebühren” verkündet.

Nach einiger Zeit kommen die letzten Schiffsbesatzungen nach einem kurzen Rundgang in den Hafen zurück und regen sich darüber auf, “dass ja hier gar nix los sei…!”

Gegen Abend ist der Hafen ca. zu einem Drittel gefüllt, die Gemüter haben sich mit Ausnahme der einen Charterbesatzung, die sich lautstark betrinkt, wieder beruhigt.

Am Ende des Hafenbeckens brennen etwa genauso viel Grillstellen wie es Schiffsbesatzungen im Hafen gibt, das heißt, mindestens eine weniger als Besatzungen, weil wir keine Lust dazu hatten…

Die Grillstellen sind “hafenseitig” vorbereitet, Grillkohle in Kisten und ein Holzschober stehen zur Befeuerung bereit, alles in dem “unverschämten Preis” inbegriffen…

Jede Grillstelle hat einen massiven Schwenkrost, warum dann nun zehn Besatzungen zehn Feuer anmachen müssen, erschließt sich uns nicht.

Segeln ist offensichtlich ein Individual- und kein Gemeinschaftserlebnis…!

Am nächsten Morgen – der sich ebenso bilderbuchartig präsentiert wie der Vortag – sind die meisten Schiffsbesatzungen bereits wieder aufgebrochen und der Hafen nahezu entvölkert.

Einmal mehr und hoffentlich zum letzten Mal in diesem Jahr darf man sich für Bootsfahrer “fremdschämen”: Beim ersten „Klogang“ fällt auf, dass von den ca. 30 bereit gestellten Grillkohlesäcken trotz des vehementen Befeuerns des Vorabends noch etwa die Hälfte da ist; als ich aber etwa gegen 11 Uhr zum Duschen in die komfortable Wellness-Sanitäreinrichtung gehe, ist mit dem letzten Bootsfahrer auch der letzte Grillkohlesack verschwunden, augenscheinlich nach dem Motto “wenn das hier schon so teuer ist, dann gehört mir auch die Kohle…!”. Traurig und unverschämt gleichermaßen!

Beim Herumschlendern fällt dann auf, dass ein Teil der Grillkohlesäcke dann komplett in die Feuerstellen geworfen worden ist, dann aber nach dem Motto “keine Lust mehr” mit Wasser abgelöscht worden ist. Der ordentlich aufgeschichtete Holzvorrat ist zusammengebrochen, weil irgendwelche Blödmannsgehilfen das Holz nicht von oben, sondern bequem in „Handhöhe“ aus der Mitte herausgezogen haben, um es ebenfalls auf’s Feuer zu schmeißen und dort später abzulöschen…! Irgendwie verdirbt mir das ein wenig die Stimmung, zumal der Umfang dieser Vorgehensweise nicht von einem einzelnen Idioten, sondern offensichtlich von der Mehrheit der “Gäste” dieses kleinen Paradieses betrieben worden ist…!

Wir bleiben noch einen Tag, Uli geht es zwischenzeitlich besser und am Abend kann sie zumindest einen Teil der Insel “miterleben”.

Mit einem Bilderbuch-Mondaufgang im Smålandsfarvandet senkt sich eine stille laue Spätsommernacht über Vejrø.

Am frühen Morgen kommt eine “Targa 42″in den Hafen, ein gleichermaßen robustes wie komfortables skandinavisches “Arbeitsboot”, die offensichtlich das “Zubringerboot” zur Insel ist.

Dem Equipment nach steigt eine Filmmannschaft aus, “der Rest” setzt sich zusammen aus esotherisch anmutenden Frauen, älteren Ehepaaren, die man eher in Tirol vermuten würde und weiteren Menschen zusammen, die offensichtlich die Insel erleben wollen.

Nachdem die Menschen in Richtung Haupthaus verschwunden sind, kommt ein Gabelstapler und entlädt Getränke und Lebensmittelpaletten.

Kurze Zeit später fährt ein “Manitou” vor und an seiner Staplergabel hängt kopfüber nach unten ein frisch geschlachtetes Rind der von mir gestern bewunderten Sorte.

Eine Blutspur markiert den Weg des Manitou zur Targa, dort plumpst das Ökorind auf die achterliche Ladefläche der Targa, um seiner “Verwurstung” entgegenzuschippern.

Irgendwie würde ich – alte Berufskrankheit – gerne wissen, ob das ganze wirtschaftlich betrieben wird oder von dem “Investor” gesponsert wird in der Hoffnung, dass da “mal richtig was bei rüber kommt…”!

Am Abend erhält das Eiland mutmaßlich von seinem Besitzer einen “luftigen” Kurzbesuch: Über den an der Südspitze gelegenen Flugplatz fliegt im Tiefflug ein zweimotoriges Geschäftsflugzeug, um dann eindrucksvoll hochzuziehen und die Insel mehrfach im Tiefflug zu umrunden, möglicherweise nach dem Motto “mein Haus, meine Yacht, meine Insel…!”.

Egal, wer da drin saß und egal wer diese Insel so geformt hat: Ich finde die Idee und das Ergebnis beeindruckend und nach meiner Einschätzung ist es allemal sinnvoller, sein Geld in so ein Projekt so versenken als sich damit sonst was zu vergolden…!

Am darauffolgenden Morgen verlassen wir gegen halb neun Verjø in östlicher Richtung, da laut Seekarte dieses Gebiet großflächig sehr flach und steinig ist und so ziehen wir den komfortableren Weg um die Insel herum in den Langelandsbelt vor.

Am nördlichen Horizont lugt schemenhaft die “Große Beltbrücke” hervor, nach ein paar Stunden haben wir die Südspitze von Langeland erreicht und nehmen Kurs auf Kappeln.

Ein Jahr später ist die eindrückliche Erinnerung an Verjø uneingeschränkt erhalten geblieben und wie eingangs beschrieben belebt das derzeitige Wetter und die mich hier in unserem Garten ansehenden Artischocken die Erinnerung neu und authentisch….

Ich bin mit Sicherheit nicht das letzte Mal auf Vejrø gewesen…!

Nachtrag 31.08.2016 :

Auf unserer Ostseereise 2016 haben wir Vejrø zeit- und wetterbedingt leider nur passiert, allerdings in “Wurfweite” und mit dem aufdringlichen Verlangen “dort will ich wieder hin”..!

Ein anderes Mal vielleicht….

Weitere Informationen über Vejrø gibt es hier und da

 

Seefahrt ist weiblich…

…sogar sehr…!  Zunächst ergibt sich das schon aus „die Seefahrt“, dahinter steckt in Wirklichkeit viel mehr und das ganze Spektrum des wirklichen Lebens:

An schlechten Tagen verbreitet sie eine allumfassende Missstimmung und es ist nicht mit ihr zu reden. Erwartungshaltungen prallen an ihr ab, am Horizont ist Stimmungswechsel wahrnehmbar, der dann jäh enttäuscht wird und sich ins Gegenteil verwandelt. Chameleonartig hält sie alle Spielarten bereit, läßt warten und raten…

Sie bringt Dich in Situationen, in die Du ohne sie nie geraten wärst…

An guten Tagen verzückt sie mit ihrem gesamten Repertoire, lässt alles Schlechte vergessen  und lebt das Paradies. Nie mehr wird es anders, alles geht, nichts ist unmöglich…!

Im Ergebnis kann und will man nicht von ihr lassen und das ist gut so !            

Diese Gedanken kommen mir angesichts der Wetterlage in Stubbekøbing: Das Wetter hier am Grønsund hält alle Spielarten bereit und lässt letztlich keine Entscheidung zur Weiterreise zu.

Überwiegend haben wir schönes relativ ruhiges Wetter, immer wieder unterbrochen durch teils sintflutartige Regenschauer mit „Begleitstürmen“. Wie das Eichhörnchen auf die Schlange starre ich seit Tagen auf den Wetterbericht und versuche mir ein Bild über die Fahrbarkeit des Fahrwassers zu machen, die Seewettervorhersagen widersprechen sich hinsichtlich Windstärken und Wellenhöhen ein bisschen, teils erscheint es „fahrbar, teils nicht“.

Am Sonntagnachmittag sieht es so aus, als ob es Sinn macht, sich weiter bis nach Verjø „vorzuhangeln“, um die Distanz nach Kappeln ein bisschen zu verkürzen. Wir sind schon reisefertig, der Landstromanschluss schon an Bord zurückgenommen und ich helfe eben noch schnell einem in den Hafen kommenden Segler beim Anlegen. Seine Skipperin und er übergeben mir mit fast dankbar erscheinenden Augen die vorbereiteten Leinen lege sie um die Poller und gebe sie zurück. Beiläufig frage ich, wo sie herkommen und erzähle, wo wir hinwollen: „Dass lasst mal schön bleiben, das ist gar nicht nett!!“ Sie berichten von Wellenhöhen bis zu zwei Meter im Smålandsfarvandet und 7-8 Windstärken und raten eindringlich ab. Es bedarf nicht viel Überzeugungskraft, ruckzuck ist der Landstrom wieder angeschlossen, wir verlassen den kommoden Hafen von Stubbekøbing:  nicht und harren weiter der Dinge.

Am Samstag war der Plan B in Kraft getreten, Uli hat die Else gen Heimat mit Bus und Bahn und Fehmarnbelt-Fähre verlassen, Felix ist nahezu zeitgleich identisch angereist. Uli schließt auf der Rückfahrt Bekanntschaft mit einem Segler, der ebenfalls sein Schiff wegen wetterbedingter Wartezeiten und endendem Urlaub ver- und zurückgelassen hat.

So verbringen wir weiter die Zeit in dem possierlichen Stubbekøbing:  Stubbekøbing:  ist mit etwa 2300 Einwohnern die Zweigrößte „Stadt“ von Falster und zeichnet sich dadurch aus, dass Tourismus ein Fremdwort zu sein scheint: Abgesehen von den „Ferienseglern“ im Hafen ist von Tourismus nichts zu spüren, selbst im Hafen liegt das nächste Boot rechts und links jeweils erst vier, fünf Boxen weiter.

Dennoch hat Stubbekøbing:  einen „Männerladen“, einen außerordentlich gut sortierten Werkzeugladen, in dem ich nicht umhin komme, mir vorsorglich wieder etwas mehr Werkzeug, Schrauben, Klebeband und: eine handliche Rohrreinigungsspirale zu kaufen.

Dennoch gibt es zwei Lebensmittelmärkte, beide „aben alle dage kl.8:00 – 22:00“ und obwohl auf dem ein außen Netto drauf steht, ist das Treiben innen dänisch gemächlich und freundlich und das Angebot zum Teil „landestypisch“ individuell.

Wie schon zuvor Uli und ich erlaufen Felix und ich nochmals de Ort, fahren einen Tag auch mit der historisch anmutenden Museumsfähre „Ida“ über den Grønsund zur gegenüberliegenden Insel Bogø  und erlaufen diese im Umfeld des Anlegers. 

Hier ist das Treiben, wenn man es denn als solches bezeichnen möchte, noch ruhiger, es ist nämlich überhaupt nix los außer hübsche Häuschen, gelegentlich nett grüßende Bewohner und eine auffällig hohe Anzahl Schilder „til salg“, das heißt, man kann für relativ wenig Geld hier ein sehr schönes Häuschen, zum Teil in „Asterix und Obelix-Optik“ mit tief herunter gezogenen Reetdach und kleinen Butzenfenstern kaufen.

Felix murmelt von Demografie und ich schätze, er hat recht…!

Dass wir bzw. ich nun schon den fünften Tag in Bogø weile, stört mich nicht wirklich, im Prinzip ist es eine gute weitere Übung, „zwangsweise“ sich ausgiebig mit der ganz anderen als sonst üblichen Umgebung zu beschäftigen, sie wahrzunehmen und lieben zu lernen.

Während der ganzen Reise ist uns schon aufgefallen, dass nahezu alle Segler „betriebsbedingt“ eher spät in den Hafen kommen, sich kurz „anmelden“, an Bord essen und den Hafen nicht verlassen, um dann am nächsten Morgen weiterzufahren. Das gilt insbesondere für Häfen wie Stubbekøbing:, die dann wohl als reine „Durchganshäfen“ angesehen werden, vom Leben in dieser Ecke bekommen diese Crews allerdings augenscheinlich nicht viel mit. Selbst auf Bornholm haben wir das erlebt und auch schon auf unserer Reise in 2013. Gut, viele Segler scheinen in ein enges Zeitkorsett gepresst, in dem aber ein unbedingt ein bestimmter „Törn“ „abzureiten“ ist und dann bleibt für rechts und links des Weges, insbesondere bei widrigen Wetterumständen, nicht mehr viel übrig…!

Hierbei fällt uns wieder einer der Vorteile des Motorbootes auf: Morgens als letzter aufbrechend, sind wir trotzdem nachmittags die ersten, haben die Wahl des schönsten Liegeplatzes und vielmehr Zeit, alles in Ruhe zu begucken. Dem Segler bleibt das teilweise verwehrt, die „Fahrtzeiten“ sind immer fast doppelt so lang und manchen Gesichtern sieht man an, dass der Weg nicht immer das Ziel ist…!

Zehn Stunden im offenen Cockpit bei „Mittagswelle und –wind“ sind augenscheinlich erschöpfender als fünf Stunden bei morgendlichem „Glattwasser“, der Anspruch an Sportlichkeit ist mir spätestens in den 70er Jahren mit den Bundesjugendspielen verloren gegangen und von daher lässt es sich aus meiner Sicht mit dem Motorboot nach wie vor vortrefflich reisen.

Umso erstaunlicher ist, dass wir mit Ausnahme einer größeren Motoryacht auf Bornholm mit einem Skipperehepaar mit einer Gesamtlebensdauer von ca. 150 Jahren auch dieses Mal kein weiteres Motorboot, weder deutscher noch skandinavischer Herkunft begegnet ist. Komisch !

Am Montagabend lässt dann die Wettervorhersage erkennen,  dass sich ab Montagnacht bis Dienstagabend ein „Wetterfenster“ auftut, in dem die Reise von Stubbekøbing: nach Kappeln möglich sein sollte. Danach ist wieder Sturm und Welle und in der Folge die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und das Zurücklassen der Else in Stubbeköbing angesagt, damit auch ich dann mal wieder irgendwie anfangen darf zu arbeiten…!

Felix und ich beschließen, zu Dämmerungsbeginn aufzubrechen, sollte sich die erwartete ruhige Wetterlage über Nacht tatsächlich einstellen. Das ist gegen 21 Uhr bereits erkennbar und wir wollen etwas früher schlafen gehen, damit wir morgens fit sind…!

Gegen Mitternacht gelingt uns das auch schon, nachdem wir zuvor noch einige dänische Biere und den tollen Bornholmer Whiskey in homöopathischen Dosen verkostet haben.

Dennoch gelingt es uns bereits kurz nach drei relativ munter aufzustehen, schnell noch Kaffee zu kochen und bereits eine halbe Stunde später befinden wir uns bei absoluter Windstille auf dem stimmungsvollen dämmerigen Grønsund. Wir unterqueren die beeindruckenden Brücken zwischen Falster und Sjælland und nehmen Kurs auf das Smålandsfarvandet, Richtung Verjø, und geben bei Erreichen offenen Wasser nach der zweiten Brücke ordentlich Gas, um unser Tagesziel Kappeln nach Möglichkeit „beeinträchtigungsfrei“ zu erreichen.

1 ½ Stunden Gleitfahrt mit z.T. 30 Knoten bringen uns fast an den Langelandsbelt heran, zwischenzeitlich haben wir eine Robbe gesehen und alle Facetten des Sonnenaufgangs ausgiebig genossen. Das Wetter scheint stabil zu sein, ein knallblauer Himmel und eine schwache Welle bestimmen das Bild und mit unserer wirtschaftlichen Verdrängerfahrt von 7,5 Knoten setzen wir die Fahrt fort, es ist Zeit für den zweiten Kaffee, Felix verbindet sein Handy mit meinem schönen Fusion-Radio und untermalt die Fahrt mit „Jazz Crossing Classical“. Felix holt ein wenig Schlaf nach und ich genießt ausgiebig die stimmungsvolle Fahrt durch den Langelandsbelt mit Felix überaus passender Playlist.

Gegen zehn Uhr passieren wir bei immer noch schönstem Wetter die Südspitze Langelands mit „Dovensklint“ und dann nimmt der neue Bosman selbsttätig seinen Kurs auf die „Safewater“-Tonne Schleimünde auf.

Um Dovensklint herum ist die Wasseroberfläche irgendwie „aufgebracht“ und kurzfristig haben wir einen entgegenkommenden Strom von 2,5 Knoten.

Während ich auf dem Klo sitze, brüllt Felix oben los und haut auf das Kajütendach „Papa, komm mal schnell…!“: Nach dem Motto „irgendwas ist immer“ befürchte ich kurzfristig schlimmes, Felix hat aber „nur“ Schweinswale gesichtet, die ich, vom Klo kommend leider nicht mehr zu Gesicht kriege.

Mit der App von „Ostseetiere“ machen wir noch eine Sichtungsmeldung mit Positionsangabe und nach der Passage von Dovensklint ändert sich die Wasseroberfläche auch wieder und Else setzt ihre Fahrt nach Schleimünde fort.

Ich nutze die lange Zeit, um ein wenig mit dem Radar zu üben und freue mich, dass ich je nach Einstellung tatsächlich alle sichtbaren Schiffe auch eindeutig auf dem Radar identifizieren kann.

Langsam wird die Welle etwas größer und der Himmel zieht sich zu und die Sicht verschlechtert sich. Ich übe weiter mit dem  Radar, kriege heraus, dass wie schon in dem Radarkurs im März erfahren, im Prinzip die „manuellen Modi“ mit wenig Verstärkung und wenig Filtern das beste Ergebnis liefern.

Optimal erscheint mir die Einstellung mit einem Überwachungsbereich von 2 Seemeilen, noch eindeutiger und klarer sind dann die Echos der hier befindlichen Seezeichen, einer auch auf dem AIS erkennbaren Motoryacht und zweier Segelyachten.

Bei guter Sicht erscheint einem das alles kinderleicht, ich hoffe, dass das auch so bleibt, wenn wir einmal wieder richtig auf das Radar angewiesen sein sollten.

Kurze Zeit später, etwa 10 Seemeilen vor Kappeln, trübt sich das Wetter stark ein und die Sicht geht deutlich zurück und ich komme noch in den „Genuss“ tatsächlich Radarziele zu sehen, die optisch nicht mehr erkennbar sind.

Kurze Überraschung löst eine plötzliche Veränderung des Radarbildes auf: Es sieht aus, als ob jemand auf den Bildschirm gekotzt hat: Um das Schiff herum ist der Bildschirm noch schwarz, von vorne und seitlich erscheinen gelbliche Flecken, die zudem erkennbar ihre Lage verändern!

Da in Richtung der gelben Flecken optisch die Sicht noch schlechter ist, vermute ich starken Regen und probiere mal den Filter „Regen aus“: Das funktioniert nicht wirklich, der Regen prasselt mit Erreichen der gelben Flecken „physisch“ auf uns nieder, allerdings sind die gelben Flecken mit dieser Einstellung tatsächlich völlig vom Radarschirm verschwunden, vom Radar „herausgerechnet“, die im Regenschauer nicht mehr sichtbaren Boote weiterhin als Radarziele erkennbar!

Ich bin hochzufrieden und werde mir die Erfahrungen und Einstellungen für die Nutzung im Ernstfall „dokumentieren“.

Der dichte Regen durchdringt langsam die verschiedenen Anschlüsse des Verdecks und den Rest der Fahrt bis Schleimünde beschäftige ich mich mit beseitigen des Tropfwassers, was zwischenzeitlich auch Felix direkt in das schlafende Gesicht tropft und ihn rechtzeitig zum Erreichen von Schleimünde weckt.

Gegen 12 Uhr passieren wir Schleimünde, der Regen hat aufgehört, eine schwüle „Nachgewitterstimmung“ umgibt meine geliebte Schlei und bei völliger Windstille kommen wir eine Dreiviertelstunde später auf unserem Liegeplatz in Kappeln an.

Wir sind froh, dass das Wetterfenster so komfortabel „offen“ war, für den nächsten Tag und die darauf folgenden ist bereits wieder bereits zum Teil Wind in Sturmstärke angesagt!

Die nur etwas mehr als drei Stunden Schlaf machen sich nun doch bemerkbar und wir sind reichlich träge, zum Schlafen können wir uns aber nicht entscheiden und so verbringen wir die Zeit mit „rumhängen“, erzählen, Musik hören und  entschließen uns nach Überredung unseres Gewissens bereits um 15 Uhr zum Genuss des ersten Bieres, ist ja quasi auch das obligatorische „Einlaufbier“…!

Mit einem weiterem Bier, Kaffee und Duschen schaffen wir es bis 18 Uhr durchzuhalten und machen uns dann auf den Weg zum „Griechen“ in Kappeln.

Das Essen schmeckt dort wieder vorzüglich, ungewöhnlich sind allerdings die stark schwankenden Tische und wir sind erstaunt, dass der Kellner es schafft, ohne zu verschütten, die Getränke einzugießen…!

Das komische Schaukeln ist uns schon in der Dusche aufgefallen, auch die ist irgendwie nicht mehr so standsicher wie früher…!

„Seebeine“ halt, obwohl es gar nicht wirklich wellig war bei unserer Fahrt…

Mühsam schleppen wir uns zurück, Felix verschwindet schon kurz vor neun in der Koje, ich bleibe deutlich länger auf, bis kurz nach neu…!

Zum nächsten Morgen werden zwei neue Schlafrekorde verzeichnet: Felix wacht um 11 Uhr nach 14 Stunden Schlaf auf, ich habe es ohne Unterbrechung von kurz nach neun bis um kurz nach acht geschafft und bin nun hellwach!

Gemächlich entrümpeln wir die Else und machen sie besenrein, von den an Bord gehorteten Pfand-Bierdosen werden wir alleine einen kleinen Urlaub machen können und ich beschließe gedanklich vorsorglich, für Donnerstag bei unserem „Lieferanten“ Edeka den Leergutautomaten für einige Stunden zu reservieren…!

Gegen Nachmittag holt uns erfreulicher- und liebenswerterweise Alena ab, wir beladen das Auto und kurze Zeit später ist Else alleine…!

Zum Schluss der Reise erfahre ich ein völlig neues Reisegefühl: In meinem Auto sitzt vorne am Steuer Alena, neben ihr Felix, ich darf hinten sitzen und habe königlich Platz und kann am Klapptisch vor mir meinen Tablet platzieren, ein bisschen surfen und mailen, die Landschaft an mir vorbeiziehen lassen und der „Jugend“ die Geschicke völlig überlassen.

So geht denn auch die Fahrt nach Wendisch Evern im Nu vorbei und als einziger Wunsch für meinen neuen Sitzplatz im Auto ist ein Kinderrollo an der Scheibe mit Bärchen, meinetwegen auch Autos…!

aufgeschrieben schon Anfang Juli 2016, unmittelbar nach der Reise… 

 

Schleiimpressionen…

Das vergangene Wochenende konnte ich ein bisschen früher beginnen und verlängern und  dazu nutzen, der seit unserer Rückkehr aus dem Urlaub verwaist in Kappeln liegenden Else einen Besuch abzustatten.

Neben viel mitgenommener Büroarbeit gab es wie immer etwas an der Else rumzubasteln, so habe ich final die LED-Beleuchtung im Geräteträger abschließend hergestellt und die Abende in abgedimmtem rotem Licht verbracht; das kann von außen zwar möglicherweise missverstanden werden, im Cockpit hat das aber den entscheidenden Vorteil, dass man nicht geblendet wird, es gemütlich bleibt und man trotzdem fast noch alles ganz gut sehen kann…

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Cockpit in Rot, nicht gedimmt…

An der „Außenpantry“ habe ich nun endlich mal den serienmäßigen „Abdeckdeckel“ demontiert, um die Funktionalität dieses Bereiches zu erhöhen: Ewig haben wir schon nachgedacht, wie man die „Cockpitpantry“ verbessern kann, wirklich zündende Ideen sind uns aber nicht gekommen und nun soll ausprobiert werden, ob man die nicht abgedeckte Pantry vielleicht doch besser nutzen kann als die abgedeckte: Eine „Reling“ verhindert das Herunterrutschen der dort bei Seegang abgestellten Gegenstände, das Spülbecken habe ich an diesem Wochenende schon seiner Funktion zugeführt: Man kann nämlich gleich sein Bier- oder Weinglas dort abspülen und bis zur nächsten Nutzung – die ja bei uns erfahrungsgemäß nicht weit entfernt ist – dort gleich abstellen…

Zwischenzeitlich hat nun auch das „Gefahrenmesser“ seinen Aufbewahrungsort gefunden : griffbereit harrt das rasierklingenscharfe Fiskars-Messer in seiner Scheide über der Aussenpantry aus und wartet auf den Einsatz: Piratenabwehr, Notamputationen, Haie filetieren u.v.a.m. …: Nein, dazu ist es nicht gedacht, vielmehr dient es im Notfall dem Durchtrennen einer verklemmten Schleusen- oder Fenderleine, die Idee ist nicht abstrakt, sondern aus der Erfahrung entstanden. Unvergessen auch die Situation, als wir in 2013 in Helsinki einem beim Anlegen über Bord gefallenen Skipper helfen wollten, dieser sich aber ziemlich umständlich in seiner eigenen Leine verheddert hatte und dadurch erheblich in seinem Mitwirken beim “Retten” behindert und kein Messer griffbereit war, um den Verunfallten zu erlösen.

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“Außenpantry”, rechts im Bild das “Gefahrenmesser”…

Ein Boot ist und bleibt, egal ob neu oder alt, eben eine „Dauerbaustelle“, nicht zuletzt liegt das daran, dass ich unermüdlich Lust habe, Funktionalitäten gerade auf so engem Raum zu optimieren. Gerade in der kleinen Welt eines Bootes hat man viel Zeit, alles in Ruhe „zu betrachten“ und so fällt einem natürlich auch viel mehr ein als üblicherweise…!

Der eigentliche Anlass für diesen Post ist aber der, eine „Lanze zu brechen“ für die Schlei:

Ab Samstagmittag lief das Wetter, das, abgesehen von ein  paar Schauern, schon vorher nicht wirklich schlecht war, wieder einmal zur Höchstform auf: Sonne, weiße Wölkchen, warm, und schwachwindig! Das habe ich genutzt, um wieder einmal mit dem Rad von Kappeln aus am Ufer der Schlei nach Arnis und noch ein bisschen weiter zu fahren: Der Radweg führt jenseits jeder Straße am Ufer der Schlei entlang und löst regelmäßig  pure Verzückung bei mir aus, so schön ist das hier!

Arnis selbst ist vom gesamten Habitus auch eher irgendwie einem Märchenbuch entnommen und erfreulich ist, dass sich der touristische Andrang trotz Hochsaison irgendwie in überschaubaren Grenzen hält. Die Schlei und ihre Ufer und die daran gelegenen Ortschaften haben eine Ausstrahlung, die alles irgendwie schlagartig zur Ruhe kommen lässt!

Was Napoleon von Korsika gesagt hat, nämlich dass er die Insel am Geruch erkennt, kann man ohne Übertreibung auch von der Schlei sagen, auch wenn sie nicht nach Korsika, sondern eben unverwechselbar nach Schlei riecht…!

Mehr will  ich gar nicht schildern, man muss das einfach selbst erlebt haben und für den, den es interessiert und für mich zur Erinnerung und „zum Appetit holen“ ein paar neue und alte Bilder :

Schleiimpressionen Juli 2016 :

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Seilfähre in Arnis…

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Blick vom Steg OMS Kappeln…

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Blick vom Steg OMS Kappeln, über den Bug der “Heida”…

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Weide unweit des Hafens…

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Schifferkirche in Arnis…

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ankerndes Hausboot…

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Rad- und Wanderweg bei Arnis…

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Rad- und Wanderweg bei Arnis…

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Kornfeld bei Arnis…

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“Schleiblick” in Arnis…

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Schleiblick” in Arnis…

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Restaurant “Schleiperle” in Arnis…

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Restaurant “Schleiperle” in Arnis…

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“was guckst Du ?”…

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Ankündigung “Musik am Noor” in Arnis, man beachte das “Detail” links oben auf dem Klavier…

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der Blick achtern vom Boot…

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Schifferkirche in Arnis…

Zu „alten“ Bildern und Erlebnissen geht es hier…