Beobachtungen von “Seemannschaften…”

Auszug aus dem Reisetagebuch von Uli:

Die “Baltic Sea” wird von Fischern, Tankern, Kreuzfahrern, Marine, Coast Guard und anderen “Hobby-Salznacken”, Abenteurern und Reisenden befahren. Wer so unterwegs ist, den trifft man in den Häfen – auf See ist man allein…
Frauen an Bord sind relativ selten – dann sind es Däninnen, Holländerinnen, Deutsche, die “Huhu” von Schiff zu Schiff rufen, oder sie heißen “Sven”…
Ab Polen sieht man kaum noch Motorboote, fast ausschließlich Segellboote mit kleinen bis größeren Männercrews.
Die Weltenbummler sind zumeist um die 70, braungebrannt bis gegerbt, mit eingeübtem Blick in die Ferne, während sie sich wahrscheinlich Gedanken um die nächste Dusche machen. Sie waren schon überall, kennen alles, haben mindestens 5 schwere Stürme überlebt, fahren nie unter Motor – auch bei Windstille nicht (nur einer gibt zu, dass er von Kiel bis Lettland zu 80% motoren musste) und wenn man sie nach dem Segelrevier in “Machmahuhu” fragen würde, waren sie bestimmt auch schon da…
Da sind auch die Segelmannschaften, die – kaum im Hafen angekommen – das ganze Segelgeraffel liegen lassen und erstmal Glotzen oder Essen gehen. Abends sitzen sie dann gemütlich bei Portwein, Bier… auf ihren Booten – das gewurschtelte Segel liegt immernoch rum (auch für die nächsten Tage) – unterhalten sich und lassen es sich gut gehen.
Die erwähnten 70jährigen Weltenbummler sind dagegen sehr korrekt! Nach Ankunft wird “klar Schiff” gemacht, abgebraust und geschrubbert und abends wird eine “Moskitonetz-Kuchenbude” sehr ordentlich aufgehängt.
Sie essen die mitgeführten “Königsberger Klopse” aus der Dose mit deutschen Kartoffeln und wissen nicht, was es leckeres landestypisches gibt – “Ist ja alles auch so teuer!” Sie besichtigen auch wenig – kennen sie ja alles schon vom letzten Mal…
Aber die “Seemannschaft” versteht sich prima, sorgen sich umeinander mit den Zipperlein und sind beim nächsten Crewwechsel traurig sich verlassen zu müssen – wobei der zurückbleibende Skipper teilweise etwas erleichtert wirkt…
Die polnischen “Seemannschaften”, die man außerhalb ihres Landes trifft, bestehen meist aus 4-6 eher jüngeren Männern. Sie stehen gerne palavernd auf den Stegen und zeigen ihre gebräunten, tätowierten Oberkörper und springen sofort herbei um eine “hilflose” Frau beim Wasser aufdrehen zu unterstützen – der hilflose Mann dagegen wird nur beobachtet.
Stündlich sind sie abwechselnd damit beschäftigt, größere Mengen “Gambrinus”-Bierdosen aus dem nahegelegenen Supermarkt an Bord zu schleppen – gegen Abend ist auch was Essbares dabei. Und – wen wundert es – sie stehen an Bord, angeln, reden und fangen nichts – auch bei Regen und Gewitter.
Es gibt natürlich auch “Seemannschaften”, die sich nicht so gut verstehen und nicht so viel bis gar keinen Spaß haben.
Man stelle sich ein großes, sehr schönes deutsches Segelschiff vor, darauf 2 Frauen (“Huhu”), 1 Mann und der Skipper (65). Außer dem Letztgenannten hat offensichtlich keiner Ahnung, worum es geht und das Anlegemanöver geht holperig bis gar nicht, da die Crew erstarrt ist und auf ein Wunder hofft. Der Skipper schreit, schimpft, springt umher und gibt dabei keine klaren Anweisungen, sodass die Mannschaft noch verwirrter wird. Alle haben einen griesgrämigen Gesichtsausdruck und überlegen wahrscheinlich, ob sie den Skipper über Bord werfen oder selber springen sollen.
Nach endlich erfolgtem Anlegen, sitzt der Skipper (“Alles muss man alleine machen!”) am Steuerrad wie ein Capri-Fischer und hält Vorträge – ob jemand zuhört ist fraglich…
In den Häfen trifft man auch die “Landverweigerer”. Sie sitzen ausschließlich an Bord ihrer großen Motoryacht, genießen die Sonne und kochen mediterran. Es scheint egal zu sein, wo sie anlegen, Hauptsache es ist schön und das Wetter gut genug für den Bordgarten, der hingebungsvoll gepflegt wird. Die größte Sorge ist, dass die Koriandersaat alle ist… Sie schweigen viel – der eine schaut stundenlang in die Ferne oder auf das Smartphone, raucht Zigarren und geht früh schlafen – Sven dagegen redet gerne und viel und verläßt auch mal kurzfristig das Boot um Gesprächswillige aufzuspüren. Auch sie waren schon überall und kennen kaum etwas…
Und dann gibt es die Crew, die alles beglotzt – ob erlaubt oder nicht -bleibt, wo es ihnen gefällt – oder bis das Wasser aus dem Tank raus ist – bis spät in die Nacht sitzt und morgens spät “in Fahrt” kommt, 100000 Bilder macht, manchmal Segler ob ihrer Ausdauer beim Kreuzen und der Stille an Bord bewundert, furchtbar stolz darauf ist, “the first german FAST Boat in harbour” zu sein und soviel landestypisches Essen, Bier, Wodka, lettische Baumarktartikel, Mitbringsel und und und an Bord schleppt, bis die “ELSE” sinkt…

One thought on “Beobachtungen von “Seemannschaften…”

  1. Schön beobachtet.
    So betrachtet, gibt es im Hafen ja wirklich genug zu sehen und man braucht Landgänge nicht unbedingt.
    Aber zwischendurch ist es auch an Land schön.
    Freue mich auf weitere Beobachtungen von Euch.
    Karl-Heinz
    von der “Molly”

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