Nidden ist ein unglaublich schöner Fleck !
Ich muss vorgreifen und zuerst heute vor gestern und vorgestern beschreiben !
Der Tag beginnt wieder mit strahlendem Sonnenschein, es ist windig, aber schön !
Auch wenn wir gestern und vorgestern viel rumgelaufen sind, will ich heute weiter, an die “Aussenküste” der Nehrung und mir die russisch-litauische Grenze ansehen. Wir haben nur ein Fahrrad mitgenommen, Uli`s Knie mag Fahrradfahren gar nicht, dafür will sie noch “shoppen” und in ihr Reisetagebuch schreiben und vor allem zeichnen was hier so drum herum ist…
Ich sattele das Fahrrad und radele durch Nidden in Richtung Ostsee. Nach dem Ortsende führt der Fahrradweg durch dichten, harzig und moosig riechenden Mischwald und schon bald mischt sich in das Geräusch der vom Wind bewegten Baumwipfel das entfernte Rauschen der Brandung der Ostsee. Der Wald lichtet sich und geht in kleine Dünen über. Der Rest des Weges zum Strand führt über einen Holzsteg und dann habe ich die Ostsee erreicht : rechts und links soweit das Auge reicht blaugrüne tosende Brandung, die an einem fast menschenleeren Strand ausläuft.
Einige Tapfere baden schon, wobei sie gar nicht so tapfer sein müssen, hat doch ELSE`s Thermometer für die Wassertemperatur auf der offenen Ostsee hier schon 18° angezeigt -woher kommt die schnelle Steigerung gegenüber der deutschen und der polnischen Küste mit nur etwa 11-14° ? -, im Haff sind es mittlerweile 20-21°…!
Beim Anblick der offenen welligen Ostsee merke ich einmal mehr, das ich kein “natural born seaman” bin, der Gedanke, das wir auf dieser Ostsee ganz weit draußen, von hier aus gar nicht zu sehen, mit einer “kleinen motorisierten Kunststoffschüssel” angereist” sind, entzieht sich fast meiner ansonsten manchmal fast zu gut ausgeprägten Vorstellungskraft… Ich staune hier eine Weile vor mich hin und mache mich auf zurück in den Wald…
Ich will mir den Grenzübergang zwischen Litauen und Russland ansehen. Der Weg dahin führt vom Strand zunächst wieder über einen gepflasterten Radweg durch den Wald. Der Radweg endet auf der Straße zwischen Klaipeda (Memel) und Kaliningrad (Königsberg). Die gut ausgebaute Straße ohne Radfahrweg ist kaum befahren, nur ganz selten überholt mich ein Auto oder es kommt eins entgegen, meistens sind es “russische Kleinwagen” wie VW Touareg oder aktuelle Mercedes- oder BMW-Modelle jenseits der 100 000 €- Grenze, nur vereinzelt sind ärmliche Fahrzeuge wie VW Golf, neue Toyota- oder Nissanmodelle zu sehen…
Der Wald rechts und links der Straße ist genial : naturbelassener Mischwald, sumpfig, Farne, Schachtelhalme, alles im XXL-Format, es riecht nach Harz, Zitonenmelisse o.ä., in das Rauschen der Baumwipfel mischt sich das Rauschen der Brandung der nicht weit entfernten Ostsee. Kormorane fliegen vorbei, ein völlig ungewohntes Bild für einen “Waldhimmel”.
Auch als Elch würde es mir hier gefallen, ich halte an und gehe ein wenig in den Wald hinhein; keine Elche, aber überall aufgewühlter Waldboden und ab- bzw. angefressene Laubbäume…Wildschweine oder Elche, keine Ahnung, aber irgendwer von den beiden war es…!
Der nächste quer in den Wald führende Weg ist mit Schildern und “Reitern” versperrt : “Stop, Staatsgrenze” steht da auf deutsch, russisch und litauisch…
Ich radele weiter und nach kurzer Zeit kommt der Grenzübergang in Sicht. Schilder über Schilder, fotografieren ist nicht erlaubt und ich mache noch schnell ein paar Bilder, ehe es verboten wird…
Gefühlt tausend Kameras beglotzen mich, ich grüße, weit und breit kein Mensch, kein Auto…
Ein Hinweisschild macht auf die Kameras aufmerksam -man kann sie ja sonst auch übersehen- und weisen darauf hin, das das Nummernschild sauber zu halten ist, damit die Kameras es auch erkennen können…
Ein russischer Edel-Landrover mit sauberem Nummernschild fährt an die erste Kamera heran, hält kurz, wird digital registriert und fährt weiter durch zur “händischen” (menschlichen ?) Kontrolle. Kurze Zeit später darf er witerfahren. So stellt sich die Schengen-Aussengrenze dar…
Genug gesehen, ich trete unbehelligt den Rückweg durch den herrlichen Wald an und nach eine halben Stunde bin ich zurück zu Hause auf der ELSE.
Uli ist vom Einkaufen zurück und hat Bleistiftzeichnungen von der Düne und vom Hafen angefertigt, die sie weniger als mich befriedigen…
Wir dümpeln auf der ELSE, ich stochere mal wieder im nicht ablaufenden Fäkalientank rum, diesmal mit schnellem “Erfolg”, schmiere die von Salz und Sonne mittlerweile schwergängigen Verschlüsse der Oberlichter und diverse andere schwergängige oder korrodierende Dinge mit Erfolg mit Sprühöl.
Ein schäferhundähnlicher Hund stattet uns einen Besuch am Boot ab uns ist sichtlich empört, das er über mein auf dem Steg liegendes Fahrrad steigen muss…
Am sehr späten Nachmittag brechen wir nochmal auf in Richtung “Große Düne” und werden fürstlich belohnt :
Vom Hafen gehen wir den Strand entlang bis fast zur russischen Grenze. Die Düne schiebt sich bis ins Haff vor, Bäume, Schilf, eine Landzunge hier, die andere dort, rastende Seevögel, ein Schwan, Dohlen, Schwalben und nahezu kein Mensch…! Ein unglaubliches, unbeschreibliches Ensemble, das durch das einsetzende Abendlicht bei mittlerweile Windstille fast mystisch in Szene gesetzt wird…!
Uli will ins Wasser,schwimmen, dazu geht sie fünfzig oder mehr Meter ins Haff, ohne das es ernsthaft tiefer wird… Egal, für ein paar Schwimmzüge in dem lauwarmen Wasser reicht es und sie kommt erfrischt zurück, mit Sicherheit beäugt durch die Ferngläser des patroulliernden russischen Grenzbootes…
Wir gehen weiter, vor der Grenze, mit Dünen und Wald im Hintergrund segelt die “Neringa”, ein Segelschiff aus Nidden, das für Geld Interessierten die Düne und die Grenze vom Wasser aus zeigt.
Wir wandern langsam zurück und können uns nicht satt sehen. Ich mache unzählige Bilder und würde einen Teil davon gerne gleich in unseren Blog hochladen, damit man ansatzweise vemitteln kann, was man hier sieht…
Es fehlen die Worte…
Auf dem Rückweg kaufen wir zu Essen ein. der Supermarkt “Maxi” ist gut ausgestattet , hat bis 22 Uhr geöffnet und es gibt dort gegarte/gebratene Hühnerbeine und Rippchen -trotz Nidden immer noch spottbillig- und wir essen an Bord…Bisher haben wir noch nicht viel gekocht und nur wenig Vorräte verbraucht, Essen gehen oder kaufen ist fast günstiger… Spätestens in Skandinavien wird das wohl vorbei sein…
Zwischenzeitlich hat an der anderen Stegseite eine große neue “Greenline” aus Klaipeda festgemacht und ich frage die Besatzung, ob wir in Klaipeda “feinen Yachtdiesel” bekommen (in memorian der Schilderung unseres gestrigen deutschen Stegnachbarn, dem man drei verschiedene Sorten zur Auswahl angeboten hatte, von zähflüssig bis honiggelb); Dem ist so und wir erhalten eine Telefonnummer, die wir zur Terminvereinbarung anrufen sollen…
Morgen wollen wir aufbrechen, nach dem Verlassen des Hafens werden wir die Düne und die russische Grenze vom Schiff aus beäugen und dann nach Judokrante weiterfahren, um dort im Hexenwald geschnitzte Holzgestalten und hoffentlich Elche zu sehen…
Die Wettervorhersage ist göttlich…
Übermorgen wollen wir in Judokrante bleiben, am Tag danach werden wir, so das Wetter es zulässt, früh aufbrechen, in Klaipeda vorsichtshalber tanken und nach Liepaja oder Pavilosta in Lettland aufbrechen….
Riga wir kommen…! Doch bis dahin dauert es noch ein paar Tage, ein denkbarer Weg führt über die wohl recht einsame Insel Ruhu, die schon zu Estland gehört…
Wir kommen noch ganz durcheinander mit dem ständigen Gastlandsflaggenwechsel…
Bilder folgen bei schneller und vor allem stabiler Internetverbindung…
Seufz….das hört sich toll an!!! Ich freue mich sehr auf einen technisch ausgefeilten und lustig informativen Bilder – bzw. Videoabend bei euch 😉
Weiter so und habt ne Menge Spaß!!
Dicken Knuddler von Dani