Es wird so so weiter gehen, eigentlich will ich hier alles für uns und den “geneigten Leser” aufschreiben, aber die Zeit reicht einfach nicht…Nicht das wir keine hätten, wir verbringen sie einfach anderweitig und zum Schreiben bleibt mit “nur die Zeit auf See..”.
So sind die nachstehende Texte schon vor ein paar Tagen geschrieben und können erst jetzt, wo wir schon in Leba, nur noch etwa einen Tagestörn von Danzig entfernt, eine wunderbare Wlan-Verbindung haben, erst jetzt “eingestellt” werden, ebenso, wie ich erst die schönsten Bilder “internetfähig” machen muss..
Doch der Reihe nach : Kolberg war gut und unser zweite Tag in Kolberg “ging so”:
Obwohl ELSE´s Tank noch ziemlich voll ist, möchte ich gerne Tanken, sicher ist sicher, Nebel mit leerem Tank wäre so die Krönung des bisher Erlebten.
Ich maschiere zum Hafenmeister, dort hing eine Telefonnummer zur Kraftstoffbestellung aus. Ein jüngerer, irgendwie dazugehörig aussehender jüngerer Mann bietet sich an, dort anzurufen und vereinbart freundlich für uns die Kraftstofflieferung, von der ich annehme, das die im Fischereihafen stattfindet, weil ich in der Marina keine Tankstelle gesehen habe. Weit gefehlt “delivery to the boat, clock 8, its okay ?” fragt er, was ich natürlich bejahe..
Pünktlich um 8 steht ein Tankwagen vor der Else auf der Pier, allerdings ohne Fahrer; der kommt kurze Zeit später aus dem Hafenmeisterbüro, überreicht mir nach kurzer Abstimmung einen elefantenrüsseldicken Schlauch, der am vorderen Ende in eine einem C-Rohr nicht unähnliche Zapfpistole, besser -Kanone, übergeht. Das Bedienen der Zapfpistole möchte er lieber selbst übernehmen, was mir nur Recht ist. In nur wenigen Minuten ist ELSE`s Tank so schnell wie noch nie voll zum überaus günstigen Peis von ca. 1,30 Euro pro Liter (Kappeln über 1,70 Euro…).
Wir machen klar Schiff, nehmen den geforderten Funkkontakt mit “Habor Control” auf, erhalten noch Auskünfte zu den in dieser Region befindlichen miliärischen Beschränkungsgebieten und “and than we can move to the sea…”
Die Fahrt verläuft unspektakulär, schönes Wetter, eine “Restwelle” vom Vortag mit ca. einem Meter Höhe genau von vorne läßt die ELSE Fahrstuhl fahren und den Verbrauch steigen.
Irgendwann benutzen wir das Klo und irgendwie riecht es auf einmal nach Kläranlage: Getreu dem uns begleitenden Motto “Irgendwas ist immer…!” ist auch heute was : Der zuvor eigentlich entleert geglaubte Fäkalientank läuft über ! Zum Glück nicht ins Boot, sondern vielmehr bahnt sich ein Rinnsaal Jauche den Weg aus der Entlüftung des Fäkalientanks den Weg über Deck in die Ostsee ! Deja vu : Manchmal verstopft der Ablauf, diesmal mangels Sichtkontrolle unbemerkt und beim Benutzen der Toilette haben wir ihn bis zum Überlaufen “gefüllt”… Nochmal das Ablaufventil geöffnet, eine große Acht in Gleitfahrt gefahren und der Tankinhalt ist durch Sog oder Druck oder beides da, wo er ohnehin hin sollte, zum Glück ohne stochern mit dem zur Ausrüstung gehörenden “Stöckelstab” (Marstrand 2010, Baustelle Hafencafe, Jürgen weiss Bescheid…!)
Der Kurs führt uns nach Darlowo, das wir Nachmittags, erreichen. Nach der obligatorischen Anmeldung über Kanal 12 erwartet uns bei der Einfahrt in den Hafen der uniformierte Kapitän desselben an der Pier, erläutert uns, das die “Rollbrücke”, die den Hafen vom Meer zumindest für Schiffe, die höher sind als 1,5 Meter, trennt in 40 Minuten öffnet und wir danach bitte in die Marina fahren mögen.
Eine ruhige Marina in Form einer Schwimmsteganlage im Fischereihafen, fußläufig zum Ortzentrum und so inspizieren wir dasselbe noch und essen an einer Fischbude noch die beste Scholle unseres Lebens, bis vor wenigen Stunden hat sie noch gedacht und lohnt ihre Frische mit einem tollen Geschmack, da weiss man was man sonst nicht bekommt…
Der nächste Tag in Darlowo begrüßt uns mit strahlendem Sonnenschein und Windstille. Uli drängelt, will laufen, “in die Stadt”, noch mal “gucken” und die schwankenden Seefahrerbeine in den “Landmodus” umzuprogammieren.
Zuvor tauscht sie noch den “Stand der Dinge” mit einem Segler aus, der auch nach Danzig und Helsinki will, aufgrund des vorherrschenden Nord- Nordostwindes aber noch mit mindestens fünf Tagen bis Danzig rechnet. Er ist etwas “unter Druck”, weil sein Begleiter in einer Woche in Danzig sein muss.
Die militärischen Sperrgebiete hat er bisher tapfer ignoriert und ist deshalb auch schon von der polnischen Marine mit einem Patrouillenboot während Schiessübungen “aufgebracht” worden, zum Glück folgenlos, nur mit dem “Zeigefinger” ermahnt worden…Auch die Umfahrung der russischen Hoheitsgewässer scheint er entspannt zu sehen und hat nichts “gegen ein paar Tage Aufenthalt in Russland ohne Visum”…
Wir schauen uns noch eimal das possierliche Darlowo an, das im Hochsommer wohl hoffnungsvoll überlaufen sein wird anbetracht der erheblichen gastronomischen Kapazitäten und machen uns auslauffertig.
Das “Kapitanat” antwortet diesmal nicht auf unser “Auslaufbegehren”, so fahren wir einfach los und können durch Glück gleich im Gefolge zweier Berufsschiffe die geöffnete Rollbrücke in Richtung See passieren.
Gleich darauf sind wir auf derselben, blaugrünes Wasser, strahlende Sonne, mittlerweile 4-5 Windstärken, kurze böse Wellen von vorne, die ELSE immer wieder in überkommender Gischt versenken und bocken lassen wie ein Fohlen. Auf jeden dieser Buchstaben kommen zwei “Fehlversuche” und darum hier jetzt auch erst einmal Schluss.
Aufgrund der notwendigen Kursänderung in Richtung Ustka kommt die Welle jetzt auch von schräg vorne und ELSE bockt nicht nur, sondern rollt auch noch ganz ansehnlich.
Der immer noch namenlose Autopilot steuert wie verrückt, der “Segelnachbar”, der vor uns ausgelaufen ist und auch nach Ustka will, ist nicht mehr zu sehen, dafür eine schier endlose naturbelassene polnische Ostseeküste…
Um es kurz zu machen : Nach ca. 4 Stunden kommen wir in Ustka nach einem ziemlichen Ritt bei immer mehr zunehmendem Wellengang an, in der Hafeneinfahrt muss man wegen dort hin und her laufender Wellen etwas mehr Gas geben und windet sich dennoch wie ein Wurm durch das sich auftürmende schwellige Kabbelwasser.
Auch hier erhalten wir per Funk Anweisung zum unserem Liegeplatz an der Stadtpier gegenüber einem großen SAR-Schiff. In kurzer Zeit mutiert ELSE und die darauf befindliche Besatzung zum Touristenmagnet und wir werden von Jung und Alt ungeniert gegafft, fotografiert und kommentiert. Es dauert lange, bis Uli alle Fender quer festgebunden, präzise angeordnet und die Leinen akkurat “justiert” hat, und ELSE durch den Schwell des in den Hafen laufenden Meeres nicht mehr ständig ungebremst an die Kaimauer knallt.
Wir “besichtigen” Ustka bei schönem sonnigen Wetter, seebädischer Touricharakter, “blitzsauber” endlose Sandstrände, zu dieser Zeit alles noch relativ leer.
Uli findet noch zusätzlichen Spaß in einem “Fünf-Zloty-Laden” und das dort erhältliche Sortiment…
Auf dem Boot zurückgekehrt, beobachten wir unsere “Seglerbekanntschaft” aus Darlowo beim erschöpften Einlaufen, anstelle der 27 Seemeilen haben sie durch das durch den Gegenwind notwendige “Gegenankreuzen” 50 Seemeilen benötigt und recht erschöpft, fragen uns sogar, warum wir bei dem Seegang nicht “umgekippt” sind… Gut, wir mussten ja auch nicht kreuzen und hatten die Wellen von vorne…
Zur Nacht hin kontrollieren wir nochmals alle Fender, legen zusätzliche Leinen und flechten Ruckdämpfer ein… zunächst erscheint alles gut, aushaltbar die Schaukeleiund das durch die Fender gedämpfte Rumsen der ELSE gegen die Pier; Vergebens : die Nacht wird schlicht grauenvoll, man fliegt in der Koje hin und her und unter das gedämpfte Rumsen mischen sich harte Stöße, die von verrutschten Fendern zeugen…
Raus aus dem warmen Bettchen, nachgucken, “richten” wieder hinlegen, eine Stunde später das ganze noch mal, die Fender sind gar nicht verrutscht, sie werden nur fast ganz zusammengedrückt bei “fendern”…!
Lange Rede, kurzer Sinn: Unseren auf halb sechs gestellten Wecker brauchen wir nicht, noch vor vier Uhr morgens, an Schlaf ist nicht ernsthaft zu denken, geben wir auf, machen uns startklar und werden auslaufen, lieber 1,5 Meter “Welle” als weiter dieses Rumsen, Schaukeln und Rucken..( an Nico und Bernd : Warnemünde war eine Wiege dagegen…)
Meine Furcht, das die Klampen aus der ELSE reißen war unbegründet : nix locke, keine Risse, dafür ein gerissene Leine, eine andere fast durchgescheuert ! Gut, nicht mehr ganz neu die Leine, aber dennoch, das hätte ich mir nicht vorstellen können ! Als Zeugnis unseres Leidens lassen wir die kümmerlichen Reste unserer Festmacher eindrucksvoll an den Pollern zurück..
Vor uns sind offensichtlich erst vor kurzem auf einem größeren Segelschiff zwei Polen mit martialisch wirkenden überdimensionierten Kapitänsmützen angekommen und palavern und rauchen. Ich begrüße die beiden und erkundige mich nach dem Seegang und der “Befahrbarkeit” der See ausserhalb des Hafens…”Alles gutt, one Meter Wave perhaps, go to Leba, Leba sehr gutt” erfahre ich und nach Leba wollen wir sowieso und eine andere Wahl haben wir letztlich auch gar nicht…
So verlassen wir kurz vor halb fünf das aus “wassersportlicher” sich ungastliche Ustka in Richtung Leba.
Auf der offenen Ostsee angekommen, scheint sich die Richtigkeit unserer Entscheidung zu bestätigen: Nicht eben “Glattwasser”, aber “fahrbar. Mit viel Mühe koche ich uns schwankend und festhaltend einen Kaffe, der uns wenigsten ein bißchen belebt..
ELSE fährt auf “Auto” den bestätigten Kurs nach Leba un wir versuchen uns wach zu halten. Zwischendurch muss Uli mal dringend unter Deck “verschwinden”, danach ist ihr für den Rest der Fahrt nach Leba ziemlich schlecht und mag gar nix mehr ausser VOMEX…
Leba erreichen wir dank der frühen Aufbruchstunde schon um 9:25 Uhr – wie wohl, in dem zwischenzeitlich entstandenen Nebel, nach dem nun schon fast gewohnten “Procedere” : Ansteuerungstonne als Wegpunkt, in den Nebel starren, “oh, da ist sie ja..”, neuer Wegpunkt kurz vor die Molenköpfe der Hafeneinfahrt, “oh, guck, da ist sie ja..”, reinfahren und alles ist gut und vorbei… Adrenalin belebt…
Leba “ist gutt”, wir haben noch fast den ganzen Tag vor uns, doch davon später mehr…
Bis auf die “Russenflotte”, von der will ich gleich berichten : Kurz nach unserer Ankunft kommen vier Motoryachten mit russischer Flagge an, machen fest und werden kurze Zeit später von zwei nett anzusehenden bewaffneten Zolldamen in ausgemusterten VOPO-Uniformen kontolliert, Pässe, Visa und so weiter…
Kurze Zeit danach siegt meine Neugier und ich frage einen der Russen, der sich als in Kaliningrad, dem ehemaligen Königsberg, lebender Deutscher entpuppt, woher die ganzen “Sowjets” kommen : Die vier Yachten sind tatsächlich am ganz frühen Morgen in Königsberg aufgebrochen und nach Leba gefahren…!
Die “PILIGRIM” ziert am Heck ein großes Wappen mit der Aufschrift “Altstadt Königsberg”, irgendwie scheint man stolz darauf zu sein, wie ich auch mehrfach schon lesen konnte und Königsberg besinnt sich auf seine Historie…Darüber hinaus scheint das neue Russland angekommen, fühlen wir uns mit der ELSE ein bißchen als “soziale Randgruppe”…
Wir tauschen uns noch ein wenig aus und ich darf noch das Wappen auf der “PILIGRIM” fotografieren und werden wir uns mit Leba beschäftigen…
Bilder noch nicht alle beschriftet, schon zu spät…